Vom richtigen Selbstverständnis zum richtigen Partner

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Die Liebe kann ebenso schmerzhaft wie schön sein, und das Gefühl einer herben Liebes-Enttäuschung kennen die Meisten nur zu gut. Manche Menschen scheinen jedoch absolut gar kein gutes Gespür dafür zu haben, in wen sie sich verlieben. Sie können schlecht darüber urteilen, ob die gewählten Partner/innen für eine dauerhaft stabile Beziehung geeignet sind und crashen eine Liebschaft nach der anderen – oftmals gefolgt von routinierten Liebeskummer- und Herzschmerzprozessen. Manche geraten bei ihrer Suche scheinbar immer wieder an das falsche Partneräquivalent, ohne zu realisieren, dass sie denselben Fehler immerzu wiederholen. Vielleicht kennen Sie sogar so jemanden. Solche Liebessuchenden suchen schlichtweg nicht richtig, wie wir Ihnen hier erläutern wollen. Richtig zu suchen ist aber auch gar nicht so einfach, so die Paar-Therapeutin Kirsten von Sydow. Sie beforscht moderne Beziehungsdynamiken und hat dabei Ansätze erarbeitet, die erklären können, warum manche Partnersuchende immer wieder dieselben Fehler machen, ohne dies überhaupt zu merken.

Nehmen Sie beispielsweise den Typ des sogenannten Cowboys.

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Er wirkt roh, maskulin-attraktiv und zieht Frauen daher oft schon optisch an. Jedoch ist dieser Typus leider weitestgehend beziehungsunfähig, weil er schlichtweg keine feste Beziehung will. Er schätzt zwar Intimität, Nähe und Zweisamkeit… noch mehr Wert legt er allerdings auf Freiheit, Selbstständigkeit und Abwechslung. Oftmals gehen Cowboy-Charaktere schon am bloßen Gedanken an Routine und Alltagstrott zu Grunde. Sie sind einfach nicht für eine dauerhafte Beziehung gemacht. Wie kann man so jemanden nur toll finden? Am Anfang einer Beziehung idealisieren viele Menschen ihre neuen Partner stark. Deshalb trennen sich manche Paare auch wieder sehr zügig – Sie kennen sicherlich diese Art von Probezeit für Beziehungen, ähnlich der ersten Monate in einem neuen Job. Aber auch nach der ersten Phase flammender Liebe kann es geschehen, dass sich manche Individuen auf einen verletzenden oder missbrauchenden Charakter einlassen. Viele leben zudem lieber eine belastende Beziehung als gar keine. Dass sie erneut mit einer Partnerwahl falsch lagen und eine weitere Beziehung zerstört haben, merken viele Betroffene erst, wenn ihnen wieder einmal ein neuer Trennungsgrund präsentiert wird. Was machen diese Menschen also immer wieder falsch? Einstein sagte, dass es Wahnsinn sei, immer wieder das gleiche zu tun und dabei ein abweichendes Ergebnis zu erwarten. Wir wollen Einstein jedoch einmal ausklammern und unterstellen, dass diese Menschen nicht bewusst wissen, warum sie immer wieder destruktive Beziehungsepisoden durchleben.

Wie wir uns in einer Beziehung geben, wie wir unseren Partner empfinden und wie sicher bzw. unsicher wir uns dabei verhalten, ist bei jedem Individuum unterschiedlich. Dies erklärt sich damit, dass wir alle eine unterschiedliche frühkindliche Prägungsphase erlebt haben. Wir erfahren diese Prägung durch unser Umfeld in jungen Jahren, beispielsweise durch unsere Eltern bzw. frühe Aspirationsmilieus, wie Kitaplatz oder Tagesmutter. Dort adaptieren wir, was wir vorgelebt bekommen. Selbst wenn alle Kinder einer Generation also buchstäblich das gleiche Maß an prägenden Impulsen erhalten würden, wird dieser Input von jedem Kind immer noch anders wahrgenommen und verschiedenartig verarbeitet. Ein Kind, das in jungen Jahren viel Gewalt erfährt, wird selbst gewaltaffiner. Der, bei den Meisten mehr oder weniger reibungslos funktionierende Sozialisationserfolg, im Zuge des Vergesellschaftungsprozesses, beweist uns aber, dass dieses Schema auch andersherum funktioniert. Wer viel Rückhalt und Liebe erlebt, wird nicht selten ein positiv denkender Mensch voller Empathie. In diesem Spektrum gibt es verschiedenste graduelle Abstufungen und Kombinationen. Insgesamt können wir jedoch vier Ausprägungsmuster mit verschiedenen Bindungstypen unterscheiden.

Vier Bindungstypen

1 – Die sichere Bindung (B-Bindung) entsteht, wenn man sich als Kind auf die Familie und das Umfeld verlassen konnte. In diesem Fall erlernen Kinder Strukturen, die ihnen Werte wie Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit und Fürsorgegefühl vermitteln. Die Zuversicht des Individuums, bei anderen auf Sympathie zu stoßen, steigt, was wiederum den persönlichen Empathie-Level anhebt. Die Validität dieses Ansatzes lässt sich überall im empirischen Alltag beobachten. Wenn eine Mutter ihr Kleinkind kurz beim Vater oder anderen Vertrauenspersonen zurücklässt, ist das Kind zunächst traurig, kann sich dann jedoch mit etwaigen verfügbaren Vertrauenspersonen arrangieren und nimmt den Trost dieser neuen Bindungspersonen dankend an, bis die Mutter zurückkehrt. Es lässt sich auf die neue Situation ein, ohne anzuzweifeln, dass die Mutter schon zurückkehren wird. Dass sicher gebundene Menschen immer wieder an den falschen Partner geraten, ist sehr unwahrscheinlich.

2 – Der unsicher-vermeidende Typus (A-Bindung), der bei rund 25% aller Menschen auftritt, rührt von vielen kindlichen Zurückweisungen her. Er ist das Produkt einer Prägungsphase, in der das Kind gelernt hat, seine Bedürfnisse zu unterdrücken. An unserem Modell-Beispiel demonstriert, würde das Kind nicht den Trost der verbleibenden Bindungsperson suchen, sondern auf eigene Faust die Umwelt erkunden und sich selbst beschäftigen. Wenn die Mutter zurückkommt, kann das Kind (in einer Art Trotzreaktion) offen demonstrieren, dass es den Schutz der Mutter nicht braucht. Aus einem „ich darf/kann/soll nicht“ ist hier ein „ich will auch gar nicht mehr“ geworden. So entsteht ein Charakter, der sich später im Leben ungern schwach gibt und unentwegt auf Leistung, Fortschritt und eigenen Erfolg ausgerichtet ist. Solche Menschen haben oftmals Probleme damit, sich auf andere zu verlassen, weil sie als Kinder schlechte Erfahrungen damit gemacht haben.

3 – Der unsicher-ambivalente Typus (C-Bindung) kann sich ausprägen, wenn Menschen Liebe, aber gleichzeitig auch Unberechenbarkeit in der Kindheit erfahren mussten. Wenn Kinder einem starken Wechsel zwischen einfühlendem und zurückweisendem Verhalten ausgesetzt sind, wissen sie irgendwann nicht mehr, wie sie ihr Umfeld einschätzen sollen. Sie gewöhnen sich daran, nur noch abgestimmt und angepasst auf ihre Bindungspersonen zu reagieren. Das ist nicht nur extrem stressig für ein Kind, sondern kann sich in einer unsicher-nervösen Art sogar dauerhaft in der Persönlichkeit manifestieren. Solche Individuen müssen sich dann in der eigenen Beziehung ständig rückversichern und sind fast chronisch besorgt, dass der Partner irgendeine Art von Problem mit ihnen haben könnte. Dabei machen sie nur dass, was sie als Kind im Dialog mit ihrem Umfeld erlernt haben und stoßen damit wiederum auf Zurückweisung in ihrer heutigen Partnerschaft. Etwa 15% der deutschen Gesamtbevölkerung entfallen auf den C-Bindungs-Typus, den ein hohes Maß an Unsicherheit in seinen Beziehungen begleitet.

4 – Desorganisierte Bindungen (D-Bindung) sind die seltenste Bindungsform, der nur etwa 5% der Bevölkerung entsprechen. Betroffene suchen zwar nach einer festen Beziehung, fürchten sie jedoch gleichzeitig, weil sie Angst vor Zurückweisung oder anderen Verletzungen haben, sobald sie sich jemandem preisgeben. Das Grundvertrauen in andere Menschen ist bei ihnen dauerhaft gehemmt, sodass sich Minderwertigkeitsgefühle und Selbstzweifel einstellen können. Oftmals sind Gewalt oder Missbrauch durch enge Vertrauenspersonen dieser Bindungsstörung vorangegangen. Im schlimmsten Fall lässt man sich später dann auch auf Beziehungen mit verletzendem oder missbrauchendem Charakter ein.

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Falls Sie jetzt merken sollten, dass Sie ein C- oder D-Bindungstyp sind, ist das kein Grund zur Panik. Wer rational begründen kann, warum er Unsicherheit, Angst vor Zurückweisung oder Stress entwickelt, kann Möglichkeiten erlernen, die diesem inneren Drang entgegenwirken. Der Gedanke, dass ein einer falschen Bindung ausgesetzter Charakter für immer und ewig emotional kaputt ist, ist keinesfalls richtig. Es ist eine reine Kopfsache. Ein Charakter wird zudem durch viele weitere Faktoren mit geprägt, die nichts mit der frühkindlichen Bindung zu tun haben. Zudem sind die präsentierten A,B,C,D-Beispiele bewusst extrem gewählt, damit eine Unterscheidung leichter fällt. Ebenso sind Mischformen aus allen vier Bindungstypen möglich.

Aber was ist nun, wenn wir selbst gar nicht merken, dass wir dazu neigen destruktive Bindungen einzugehen? Nun ja… das kann zwar vorkommen, aber es ist unwahrscheinlich, dass Ihrem Umfeld dies verborgen bleibt. Verwandte, Freunde und Bekannte können hier sehr hilfreich sein, wenn man nur bereit ist, auf sie zu hören. Oftmals erkennt das nahe Umfeld, ob jemand ein gesundes oder ungesundes Dating-Verhalten zeigt. Schlagen sie deshalb bitte einen gut gemeinten Rat von Angehörigen oder Freunden nicht gleich unhinterfragt in den Wind. Manche mögen nun lediglich genüsslich feiern, dass sie ihre Partner, Bekannte oder Freundesbeziehungen vielleicht besser einschätzen können. Das ist in Ordnung… Unser angestrebtes Ziel liegt jedoch eigentlich tiefer: Wenn Sie ihren persönlichen Bindungstyp insgeheim kennen und wissen, welche Vorteile oder auch Hürden ihm entspringen, können Sie sich sicherer auf die Suche nach Ihrem optimalen Partneräquivalent begeben. Lernen Sie also mehr über sich selbst und Ihre individuelle Beziehungsdynamik, als über andere Paare (oder am schlimmsten über Promi-Paare). Je besser Sie ihren Partner und sein Leben kennen, desto einfacher wird Ihnen eine Zuordnung zum passenden Bindungstyp fallen.

Und vergessen Sie niemals: Sie werden den richtigen Partner niemals finden, solange Sie den Falschen suchen!

Quellen:

Geo-Wissen Magazin

„Psychologie Bindungsverhalten M.M P.M“, am 21.05.2015 von „Philip Hein uwe“ auf Youtube hochgeladen. URL: https://www.youtube.com/watch?v=95Jubb9JPDk