Nicht zuletzt die Politik lehrt uns, dass Machtkämpfe schnell schmutzig werden können. Aber auch im Alltag haben kleinere Machtkämpfe einen hohen Stellenwert. Wie in jedem Konflikt können jene mit den cleversten Strategien sich durchsetzen. Doch auch wenn die Möglichkeiten individueller nicht sein können, lassen sich die vielen zwischenmenschlichen Plots, Tricks und Spielchen trotzdem noch zu Kategorien zusammensortieren.

Die Distanziertheits-Tour

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Wer keine Lust hat, sich mit anderen abzugeben, kann einfach in den Desinteresse-Modus verfallen. Man würdigt den anderen keines Blickes, antwortet nicht oder nur in einsilbiger Kürze auf Fragen. Damit machen sich Distanz-Spieler interessant. Trotz physischer Präsenz machen sie sich rar und suggerieren ihrem Umfeld, dass sie keinerlei Interesse an einer Interaktion haben. Aber Vorsicht! Wer es hier übertreibt, erntet genau das Gegenteil und wird ab einem gewissen Punkt ebenso links liegengelassen.

Diese Manipulations-Technik baut darauf, den Gegenüber zu verunsichern, so Otto. Distanziertheit ist eine Form von sozialem Eskapismus, ohne tatsächlich den Interaktions-Raum körperlich verlassen zu müssen. Wer regelmäßigen Gebrauch von dieser Strategie macht, darf dies nicht auf die leichte Schulter nehmen. Denn wird nach jeder kleineren Auseinandersetzung eine eisige Mauer der Missachtung hochgezogen, begibt sich in die Gefahr, irgendwann in einen Dauer-Stur-Modus zu verfallen, bei dem jegliche Kritik heftige Trotzreaktionen hervorbringt.

Die Mitleids-Tour

Es gibt Menschen, die sich in ihren Opferrollen am wohlsten fühlen. Sie bemitleiden sich selbst am laufenden Meter, haben immer eine Leidensgeschichte parat und leben förmlich vom Mitleid der anderen. Jammern ist ihre Strategie, um Aufmerksamkeit zu erhalten und den Mitstreiter zu schwächen. Manche nutzen auch immer wieder Vorwände, um sich selbst vor jeglichen Verpflichtungen und Aufgaben zu bewahren. (Das kann ich nicht…, ich hab Rücken.) Für Anne Otto von „Psychologie heute“ ist der einzige Ausweg die Ignoranz dieser Vorwände. Fordern Sie jammernde Mitmenschen unabhängig von ihren Wehklagen und Ausflüchten. Gerne dürfen Sie auch empathische Worte des Trostes formulieren und betonen, wie schlecht es den jammernden Personen doch geht und wie tapfer und stoisch sie sich trotzdem schlagen Lassen Sie sich von der Mitleids-Tour nicht beirren und halten Sie an Ihren Erwartungen fest, auch wenn dies anfangs auf taube Ohren stößt.

Die Regelsüchtigen

Vielleicht kennen Sie auch diese Menschen, die für alles im Leben eigene Regelkataloge parat haben. Damit sind Situationen für sie planbar und sie verfügen über Rechte und Pflichten anderer – also eindeutig Machtinteressen. Regelverstöße ihrer (oft durch Privatinteressen begründeten) Normen, machen sie wütend. Jeder in ihrer Umwelt haben sich ihren Regeln zu fügen. Geschieht dies nicht, werden sie schnell ungenießbar. Auslöser ist jedoch der Kontrollverlust. Sobald andere sich den Planern widersetzen, bekommen diese Angst, die Kontrolle über die Situation und deren Ausgang zu verlieren. Sie reagieren mit Abwehrhaltung, die manchmal impulsiv und ungehalten sein kann. Manche Regelsetzer sind so fanatisch, dass Ihr Verhalten pathologisch (manchmal zwanghaft) wird und sie jedes Mal durchdrehen, wenn sie einen Regelverstoß erkennen. Mit der Zeit schafft so eine Kommunikationsbasis Paranoia und das permanente Gefühl, kontrolliert zu werden.

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Wenn sie herausfinden möchten, ob Ihr Gegenüber sie unterdrücken möchte und seine aufgestellten Regeln bindend sind, widersprechen Sie einzelnen Regeln. Jene, die dies nicht zulassen und unverhältnismäßig reagieren, bestätigen damit den manipulativen Charakter ihres Ansinnens. Aber die Planer, die bereitwillig Kooperationen eingehen oder sinnvolle Regelveränderungen akzeptieren, suche einen Lösungsansatz auf Augenhöhe. Solche Menschen eignen sich auch absolut als wohlwollende Führungspersönlichkeiten. Ein extensiver Regelsetzer muss also nicht unbedingt ein Diktator sein. Es kommt auf die Führung und auf die Bereitschaft für Änderungen am Regelwerk an. Fühlen Sie sich durch seine/ihre Vorschriften kontrolliert, versuchen Sie klarzustellen, warum sie diese nicht einhalten möchten. Und dann beobachten Sie seine/ihre Reaktion…

Sich dumm stellen

Zu guter letzt nennt Anne Otto noch jene Charaktere, die so clever sind, sich geschickt dumm zu stellen. Ich kenne das aus eigener beruflicher Erfahrung, auch wenn diese schon ein paar Jahre zurückliegt. Wer in der Firma, für die ich tätig war keine Lust auf eine bestimmte Aufgabe hatte, musste es nur beim ersten Mal so hart vor die Wand fahren, dass es krachte. In der Folge hat man die unliebsame Aufgabe einfach nie wieder bekommen. Geschick ist hier gefragt… wer sich nämlich dabei erwischen lässt, wird vom eigenen Plot heimgesucht. Entweder man gilt als Allround-Versager oder als durchtrieben-egoistischer Faulpelz, der/die sich nur die leckersten Rosinen aus dem Kuchen pickt.

Quellen:

Otto, A. „Das Spiel durchschauen“ nach einem Beitrag aus Rainer Sachses Buch „Manipulation und Selbsttäuschung. Wie gestalte ich mir die Welt so, dass sie mir gefällt: Manipulationen nutzen und abwenden“ Springer-Verlag, Heidelberg 2014. IN: „Psychologie heute compact“ Heft 56, 2019 Beltz-Verlag: S.88f.